kkm startet das Delirsensible Krankenhaus

Katholisches Klinikum Mainz vermeidet aktiv Pflegefälle die durch Operationen älterer Patienten eintreten können

Das Katholische Klinikum Mainz (kkm) startet als eines der ersten Delirsensiblen Krankenhäuser in Deutschland. Die Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin betreut in enger Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie und der Klinik für Akutgeriatrie ältere Patienten vor, während und nach Operationen auf besondere Art und Weise. Dieses Konzept beinhaltet unter anderem die Erfassung der individuellen Risikokonstellation der Patienten, den Einsatz präventiver Maßnahmen sowie angepasste Narkoseverfahren und Operationsmethoden. So kommt beispielsweise eine so genannte Präventionsbox zum Einsatz und die Patienten werden durch Angehörige bis zur OP-Schleuse begleitet und im Aufwachraum empfangen. Ziel ist es die Delir-Rate zu senken und damit den Heilungsverlauf der Patienten positiv zu beeinflussen sowie eine drohende Pflegebedürftigkeit abzuwenden. Mit einem Grußwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Thomas Gebhart, der in Vertretung für den Schirmherr, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, gekommen war, dem Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft,  Dr. Gerald Gaß, und der Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhaus Verbandes Deutschlands (kkvd) Bernadette Rümmelin, ist das Konzept durch den Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, PD Dr. Matthias David, heute am kkm der Öffentlichkeit vorgestellt worden.Als Delir bezeichnet man eine plötzliche, akut auftretende Verwirrtheit. Die lateinische Bezeichnung bedeutet so viel wie „aus der Spur“ geraten und beschreibt damit recht gut, was unter einem Delir zu verstehen ist. Die Aufmerksamkeit, das Denken, das Handeln und das Bewusstsein sind verändert. Häufig wech­seln sich Zustände der scheinbaren Normalität mit Verwirrt­heitsphasen ab. Die Patienten haben das Gefühl in ihrer Umge­bung völlig verloren zu sein. Dies führt zudem zu einer starken Überforderung, die sich in Angst oder Wut, Aggressivität, Unruhe oder Weinen äußern kann. Das Risiko für die Entstehung eines Delirs ist abhängig von dem Lebensalter und zusätzlichen begleitenden Faktoren. Lange Zeit wurde das Delir allerdings fälschlicherweise verharmlosend als „Durchgangssyndrom“ bezeichnet, wodurch eine folgenlose Ausheilung impliziert wurde. Auch wenn in den allermeisten Fällen der Zustand nicht dauerhaft ist und er sich oftmals innerhalb von Tagen bessert, kann es, wenn es unerkannt bleibt, schwerwiegende Folgen haben. Ein Delir betrifft in Deutschland zwischen 5 und 52 Prozent der chirurgischen Patienten in Abhängigkeit vom Umfang der Operation und der individuellen Risikofaktoren der Patienten. Die Auswirkungen eines Delirs auf den Heilerfolg sind gravierend. Die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen zeigen, dass die Sterblichkeit zwischen 3,9 bis 22,9 Prozent ansteigt, die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus um bis zu zehn Tage verlängert wird und das Behandlungsergebnis schlechter ist. Bei Intensivpatienten sinkt mit jedem Delirtag die 1-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit um rund 10 Prozent. Bei rund 25 Prozent der Patienten bleibt eine kognitive Einschränkung bestehen und nicht selten entsteht eine Pflegebedürftigkeit nach dem stationären Aufenthalt. Diese beeinträchtigt dann nicht nur den Patienten sondern hat auch immer Auswirkungen auf die Familie und das soziale Umfeld. Somit stellt ein Delir einen medizinischen Notfall dar, der vermieden, diagnostiziert und therapiert werden muss. Darüber hinaus stellt ein Delir in Kombination mit der Tatsache, dass immer mehr Menschen immer älter werden und sich somit täglich die Risikogruppe für ein Delir vergrößert Krankenhäuser, Pflegeheime, Angehörige und das Gesundheitssystem sowie die Wirtschaft und die Gesellschaft vor große und besondere Herausforderungen. Das Katholische Klinikum Mainz hat daher durch die Initiative von Dr. Andrea Küchle, Oberärztin der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin unter der Leitung von Chefarzt PD Dr. Matthias David, in Kooperation mit dem Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, vertreten durch den Chefarzt PD Dr. Marcus Egermann, und der Klinik für Akutgeriatrie, vertreten durch den Chefarzt Dr. Lothar van den Abeelen, das Konzept des Delirsensiblen Krankenhauses am kkm entwickelt und einen Ansatz implementiert diesen Herausforderungen zu begegnen. Das Konzept Delirsensibles Krankenhaus hat das Ziel, Patienten bestmöglich auf eine Operation vorzubereiten und frühzeitig die Behandlung eines Delirs einzuleiten sowie neu entstehende Gedächtnisstörungen zu vermeiden. So wurden Prozesse definiert, die verschiedene Maßnahmen umfassen wie die Erfassung von möglichen Risikofaktoren im Vorgespräch zu einer Operation, die Überprüfung des Medikationsplans, die Besprechung der Ernährungssituation und die Schaffung einer möglichst gewohnten Umgebung im Patientenzimmer. Für die Durchführung einer Operation ist es ausdrücklich gewünscht, dass Angehörige Patienten bis zur OP-Schleuse begleiten, dass während der OP eine intensive Betreuung durch besonders geschultes OP-Personal erfolgt, dass Hilfsmittel (Brille, Hörgeräte, Zahnersatz) erst bei der Narkoseeinleitung abgegeben und in der so genannten Präventions-Box aufbewahrt werden, dass ein angepasster Einsatz von ausgewählten Narkosemitteln und eine kontinuierliche Narkosentiefenmessung ebenso erfolgt, wie der Einsatz von Minimalinvasiven Operationsverfahren (soweit möglich). Nach der Operation  erhalten die Patienten ihre Hilfsmittel direkt zurück, damit die Sinne angesprochen und stimuliert werden. Es erfolgt die Betreuung durch geschultes Personal während der Aufwachphase mit der Möglichkeit zur räumlich-, zeitlichen Orientierung sowie in Anwesenheit von einem Angehörigen. Auf der Station sind den Patienten feste Pflegekräfte und Ansprechpartner im Rahmen einer so genannten Unit-Pflege-Struktur zugeordnet, die besonders geschult sind. Es erfolgt eine konsiliarische Mitbetreuung durch Geriater sowie eine frühe Einbindung der An- und Zugehörigen. Es gibt einen strukturierten Tagesablauf, regelmäßige Mahlzeiten und  regelmäßige Therapie, frühe Mobilisation, Orientierungshilfen, feste Visitenzeiten und einen einheitlichen Tag-Nacht-Rhythmus mit angepassten Lichtverhältnissen. „Ein Vielzahl der Patienten die sich uns anvertrauen sind in einem höheren Lebensalter, also über 70 Jahre. Die Betreuung dieser Patienten vor, während und nach eine Operation  ist eine Herausforderung und erfordert interdisziplinäre und interprofessionelle Prozesse. Durch die Translation bestehender Leitlinien in einen strukturierten Handlungsrahmen können wir den Beteiligten, also Ärzten, Pflegekräften und auch Patienten sowie Angehörigen Orientierung geben. Die Prävention zur Vermeidung des Delirs sowie die zeitnahe Diagnosestellung, um mögliche Ursachen zu erkennen und zu behandeln,  sind dabei entscheidend. Daher ist uns dieses Projekt eine echte Herzensangelegenheit“, erläutern die Initiatorin Dr. Andrea Küchle, Anästhesistin und PD Dr. Matthias David, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Katholischen Klinikum Mainz. „Das Konzept wird im kkm seit Juli 2019 schrittweise eingeführt, um in den Bereichen die Kompetenz zu erweitern, die  Schnittstellen zu etablieren und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu festigen. Unser erklärtes Ziel ist die deutliche Erhöhung der Patientensicherheit und die Verringerung der Verweildauer dieser Patienten“, erläutert Dr. Patrick Frey, MBA, einer der beiden Geschäftsführer am Katholischen Klinikum Mainz. „Die Delirprävention ist ein wichtiger Aspekt der patientenorientierten Versorgung. Gerade angesichts der demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft sind Konzepte wie das Delirsensible Krankenhaus des Katholischen Klinikums Mainz zukunftsweisend. Für Ihr Engagement möchte ich Ihnen daher ausdrücklich danken“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit, Dr. Thomas Gebhart, in Vertretung für den Schirmherr des Konzeptes, Bundesminister für Gesundheit, Jens Spahn.  „In Krankenhäusern wächst die Zahl älterer Patienten, und die Kliniken müssen immer präziser und genauer auf unterschiedliche Erscheinungsformen demenzieller Erkrankungen eingehen. Durch die alternde und sich verändernde Patientenstruktur gibt es immer mehr Patientinnen und Patienten, die von einem Delir betroffen sind. Das Delir zählt mit 14 bis 56 Prozent zu den häufigsten Komplikationen bei geriatrischen Patientinnen und Patienten in der stationären Versorgung. Aber auch bei Kindern ist das postoperative Delir eine häufige Erkrankung. Gerade ein hohes Lebensalter und ein operativer Eingriff erhöhen das Risiko, an einem postoperativen Delir zu erkranken. Wir müssen uns allen klarmachen, dass es sich nicht um eine vorübergehende Phase der Verwirrtheit handelt, sondern um ein ernstzunehmendes, gesundheitliches Problem. Nicht umsonst haben wir im Gemeinsamen Bundesauschuss die Prävention des postoperativen Delirs als einen von vier Indikatoren für Qualitätsverträge nach § 110a SGB V festgelegt. Der Weg, den Mainz nun geht, die interdisziplinäre Sensibilisierung für dieses Krankheitsbild zu erhöhen, ist vorbildhaft“, erklärte Dr. Gerald Gaß, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbands Deutschlands (kkvd) ergänzt „Die Zahl älterer, mehrfach erkrankter Patienten in den Krankenhäusern nimmt  stetig zu. Den katholischen Krankenhäusern ist es schon lange ein großes Anliegen, diese Patientengruppe besonders in den Blick zu nehmen. Unser Anspruch ist nicht nur eine professionelle medizinische und pflegerische Behandlungen, sondern den ganzen Menschen mit seinen Bedürfnissen zu sehen und für ihn zu sorgen. Gerade für ältere Patienten ist es wichtig, von vertrauten Personen umgeben zu sein, sich sicher zu fühlen und die Orientierung zu behalten. Wenn sich die Abläufe rund um eine Operation an den konkreten Bedürfnissen der Patienten ausrichten, leistet das einen wichtigen Beitrag. Und ein individuelles Narkosemanagement reduziert die Risikorate für ein Delir deutlich. Mit diesem Leuchtturmprojekt zeigt das Katholische Klinikum Mainz vorbildlich, wie wissenschaftliche Erkenntnisse zum Wohl der Patienten in die Praxis überführt werden.  Das kkm setzt sich damit in besonderem Maße gerade für ältere, demenziell erkrankte Menschen ein.“
Marienhaus Klinikum Mainz (MKM)
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Ambulantes OP-Zentrum im MKM
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